Schüss Gandhi,
vor Wochen habe ich einen Artikel hier geschrieben, in dem ich unter anderem das Santa Marlena und die damaligen Betreiber Marlene und Carl-Ludwig Cremer, genannt Gandhi. erwähnte.
Ich habe damals geschrieben, dass es den beiden gut geht.
Vor ein paar Wochen dann ein grosser Artikel im Kölner Boulevard über den Tod von Gandhi.
Auf der Beerdigung war ich nicht. Ich habe nichts davon gewußt.
Wenn ich‘s gewußt hätte, ich wäre nicht gekommen.
Ich hätte vermutlich geheult wie ein Schlosshund. Und alle hätten gesagt, was ist denn das für ein Schauspieler.
Lieber Gandhi, einem jungen Menschen geschieht es manchmal, dass er Leute trifft, die ihn prägen für den Rest seines Lebens.
Bei mir waren es nur ein paar wenige Menschen, die mich beeindruckt haben, und die auf ihre Art ein Vorbild für mich bis heute sind.
Du hast dazu gehört.
Deine herrlich anarchistische, respektlose und humorvolle Art, sich über Mitbürger, Amtsträger und alle anderen auszulassen, ist für mich bis heute einmalig.
Du warst für jeden Anarchisten die Anlaufstelle Numero 1.
Der Anführer der Pariser Revolte war bei dir genauso zuhause wie viele andere.
Du warst für mich der, der gegen den Strich gebürstet hat, und trotzdem und gerade deshalb so erfolgreich war.
Wie waren keine Kumpels. Ich will mich nicht einschleimen.
Bei unsere letzten Begegnung auf Melaten hast du dich kaum an mich erinnert.
Um dich besser zu verstehen, möchte ich eine kleine Episode aus deinem Leben hier erzählen.
Durch Betrügereien der Angestellten, die Herstadt-Pleite und andere Umstände warst du plötzlich nicht mehr der Chef im Santa Marlena.
Man hatte dich aus deinem eigenen Laden herausgeworfen, und dir Lokalverbot erteilt.
Die Front des Cafes bestand damals aus Glastüren, die man im Sommer zur Seite schieben konnte.
Irgendwann in dieser Zeit bist Du spät abends am Marlena vorbeigekommen, hackevoll wie meistens. Die ewige Rothe Hand zwischen den Lippen.
Als du gemerkt hast, wo du gerade stehst, hast du innegehalten.
Auf dem Trottoir standen gelbe, ovale Blumenkübel der Stadt Köln.
Du bist zu den Kübeln getorkelt, hast nacheinander alle Blumen ausgerissen und gegen die Glasfront geworfen.
Nachdem alle Blumen ausgerissen waren, bist du an die Glastüren gewankt.
Hast die Hose aufgemacht und gegen die Türe gepinkelt.
Dabei hast du versucht, den schmalen Spalt zwischen den Türen zu treffen.
Wir alle saßen innen und haben mit offenem Mund deinen Bemühungen zugeschaut.
Und wir alle liebten dich, ob deiner Widerstandskraft, deiner Zielgenauigkeit und deines wirklich prächtigen Schwanzes.
So werde ich dich immer in Erinnerung behalten.
Gandhi, wir werden uns sehen, da bin ich mir sicher.
Maach et joot Jung
Wolfgang Krapohl
Wolfgang Krapohl
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